Terrakotten

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© Sandra Sandri

Bei den gräko-ägyptischen Terrakotten (abgeleitet vom italienischen terra cotta - gebrannte Erde) handelt es sich um kleinplastische Objekte aus Ton (Statuetten, figürliche Lampen und Gefäße, Terrakotta-Platten mit figürlichem Reliefdekor), die vom 3. Jh. v. Chr. - 4. Jh. n. Chr. in Ägypten hergestellt wurden. Sie zeichnen sich in Stil und Motivik durch eine ausgeprägte Mischung aus ägyptischen und griechischen Elementen aus. Noch heute sind Tausende dieser Figuren in den Museen der Welt erhalten, die aufgrund ihrer fast industriellen Massenproduktion in Modeln eine der umfangreichsten Objektgattungen des griechisch-römischen Ägypten bilden. Die kleinplastischen Tonfiguren geben Götter und göttliche Wesen, Menschen und Tiere wieder. Ein Schwerpunkt liegt auf den mit der Isis-Religion verbundenen Göttern und ihren Kultdienern. Am häufigsten vertreten sind Darstellungen eines ägyptischen Kindgottes (ca. die Hälfte der erhaltenen Götterterrakotten), der meist als Harpokrates identifiziert wird. Allerdings ist dieser nur einer von mehreren Götterkindern, die in der griechisch-römischen Zeit als Sohn einer lokalen Triade verehrt werden und die sich eine ähnliche Ikonographie teilen. Daher ist es denkbar, dass neben Harpokrates weitere ägyptische Kindgötter wie Somtus-pa-chered, Harsomtus-pa-chered, Chons-pa-chered u.a. in Ton abgebildet wurden. Entgegen der bisherigen Forschungsmeinung war der Besitz von Terrakotten nicht auf die Ärmsten der Bevölkerung beschränkt, sondern auch in vermögenderen Schichten verbreitet. Außerdem spiegeln sie keinen primitiven Volksglauben wider, sondern sind wichtige Zeugnisse der im multikulturellen Ägypten verbreiteten zeitgenössischen Religion.

S. Sandri, Terracottas, in: C. Riggs (Hg.), Oxford Handbook of Roman Egypt, im Druck
S. Sandri, Die gräko-ägyptischen Kindgott-Terrakotten. Ikonographie, Herkunft und Bedeutung
S. Sandri, Göttliche Kinder aus Ton. Ägyptische Terrakotten in Würzburg (Schenkung Gütte)

Vorberichte
S. Sandri, Die Herstellungstechnik der gräko-ägyptischen Terrakotten, in: J. Griesbach (Hg.), Griechisch-ägyptisch. Tonfiguren vom Nil, Regensburg 2013, 17-21.
S. Sandri, Im Zeichen der Potenz - Zum Kult um die Fruchtbarkeit, in: J. Griesbach (Hg.), Griechisch-ägyptisch. Tonfiguren vom Nil, Regensburg 2013, 57-63.
S. Sandri, Echt oder falsch? Hieroglyphische Inschriften auf gräko-ägyptischen Terrakotten, in: CdE 85, 2010, 314-330.
S. Sandri, Variationen in Ton. Zur Herstellungsweise gräko-ägyptischer Terrakotten, in: GM 217, 2008, 89-95.
S. Sandri, Der Kindgott im Boot. Zu einem Motiv in der gräko-ägyptischen Koroplastik, in: CdE 81, Brüssel: Association égyptologique Reine Élisabeth 2006, 287-310.
S. Sandri, Im Fokus des Kulturkontaktes. Ägyptische Kindgötter in der Kleinplastik, in: H. Beck, P.C. Bol & M. Bückling (Hgg.), Ägypten, Griechenland, Rom, Abwehr und Berührung. Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie, 26. November 2005 - 26. Februar 2006, Tübingen 2005, 342-346. 652-657.
S. Sandri, Harpokrates und Co. Zur Identifikation gräko-ägyptischer Kindgott-Terrakotten, in: P.C. Bol, G. Kaminski & C. Maderna (Hgg.), Fremdheit - Eigenheit. Ägypten, Griechenland und Rom - Austausch und Verständnis, Städel-Jahrbuch 19, München 2004, 499-510.